Gefangen im alten System
"Leonce und Lena" im Festhaus

Von Ulrike Schäfer

Der lockenköpfige Valerio, Begleiter des Prinzen in Büchners "Leonce und Lena", erhielt im Festhaus den meisten Applaus. Nicht nur, weil Christof Fleischer verschmitzt lebendig spielte, sondern auch, weil die Figur ein sympathischer Gegenentwurf zur heutigen Gesellschaft ist.

Er ist einer, der sich mit Geschick durchs Leben schlägt, ein Genießer handfester Freuden, wortwitzig und ohne Anspruch auf Wahrheit und Moral. Dass noch nie ein Tropfen seines Schweißes die Erde tränkte, brachte ihm zustimmendes Gelächter ein.
Da hatte es die Hauptfigur, der durchaus anziehende, aber sehr grüblerische Prinz Leonce (Alexander Morandini), schwerer. Sein Leben, das sich noch deutlicher im Widerspruch zu seiner von Langeweile geprägten Umgebung befindet, wird ihm zur peinigenden Frage, und was er auch tut, ob er sich der Natur zuwendet, in der Liebe bei der schönen Rosetta (Michaela Wiebusch) Erfüllung sucht, sich selbstquälerisch erforscht, er bleibt doch auch immer Gefangener des Systems und seiner selbst. Die gemeinsame Zukunft mit der freiheitsliebenden Lena (Thordis Howe) wird daran wohl nichts ändern.
Die Hofschranzen am Fürstenhof, dargestellt von Werner Rech, Ulrich Keller, Ingrid Hoffmann, vor allem aber der konfuse Fürst (Franz Wacker) selbst, der sich einen Knoten ins Taschentuch machen muss, um sich an seine Untertanen zu erinnern, werden in all ihrer Verschrobenheit und Weltfremdheit gezeichnet. Ob die Passagen aus dem "Hessischen Landboten", die Regisseur Franz Wacker der Komödie vorschaltete, zum besseren Verständnis des Stücks unbedingt notwendig waren, sei dahingestellt. Die glasklare Sprache Büchners, reich an mitreißenden Bildern und köstlichen Wortspielen, und nicht zuletzt die Spielfreude des Ensembles der Theaterproduktion Hoffmann-Wacker machten diesen Abend zu einem ungetrübten Vergnügen.